Fachkräftesicherung
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Der demografische Wandel wirkt sich auch auf die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter von 15 bis 65 Jahren aus, die das Arbeitskräftereservoir des Landes bilden. Der Prognoseplattform regio-pro.eu [1] zufolge wird 2020 ein Defizit von rund 134.000 Fachkräften in Hessen erwartet. Bereits heute sind in vielen Berufen und Regionen Fachkräfteengpässe spürbar, vor allem im Pflege- und Gesundheitsbereich.
Neben einer stärkeren Ausschöpfung der hessischen Arbeitskräftepotenziale – hier geht es auch um die Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen, von älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und um die Aktivierung der Potenziale von bereits in Hessen lebenden Menschen mit Migrationshintergrund - kann die Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte aus dem Ausland dazu beitragen, die sich abzeichnenden Engpässe an Arbeitskräften in Hessen abzumildern. Im Übrigen hat es Hessen allein der Zuwanderung zu verdanken, dass es die Zahl seiner Bevölkerung in den vergangenen Jahren nicht nur stabilisieren, sondern sogar leicht steigern konnte.
Zuwanderung liegt daher im allgemeinen Interesse. Sie ist zugleich von Bedeutung für Hessen als einem international ausgerichteten Wirtschaftsstandort, der ein besonderes Interesse an international orientierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hat. Hessen ist ein wichtiger Standort für Auslandsinvestitionen: Mehr als 12.500 ausländische Unternehmen sind hier bereits vertreten. Dies erfordert den professionellen Umgang mit internationalen Fach- und Führungskräften.
Fachkräfte sind jedoch längst und allerorten eine begehrte Ressource. Weltweit entwickelt sich mehr und mehr ein „Wettbewerb um die besten Köpfe“. Denn auch andere Staaten sind vom demografischen Wandel betroffen und werben deshalb ebenso in zunehmendem Maße um die Zuwanderung ausländischer Fachkräfte. Angesichts dieser Konkurrenzsituation ist Hessen umso mehr gefordert, seine Attraktivität für qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland zu erhöhen.
Fokusgruppe Internationalisierung und Vielfalt
Mit dem „Neuen Bündnis Fachkräftesicherung Hessen“ will Arbeits- und Integrationsminister Kai Klose aktuelle und bevorstehende Herausforderungen am Arbeitsmarkt meistern. Das Bündnis „Fachkräftesicherung“ setzt auf vier Fokusgruppen. Eine davon – „Internationalisierung und Vielfalt“ – erarbeitet Handlungsempfehlungen für das Halten und Binden von internationalen Fachkräften. Beteiligt sind praxiserfahrene Expert*innen aus verschiedenen Institutionen. Die Fokusgruppe hat insgesamt acht Handlungsempfehlungen entwickelt, die in den Bündnisplan zur Fachkräftesicherung [2] aufgenommen wurden. Der Bündnisplan führt alle vorgeschlagenen Maßnahmen zusammen und ist zugleich Selbstverpflichtung aller Mitglieder des Neuen Bündnisses.
Die Fokusgruppe „Internationalisierung und Vielfalt“ geht davon aus, dass die Beschäftigung internationaler Fachkräfte mehr ist als Ersatz für fehlendes hiesiges Arbeitsmarktpotenzial. Sie bietet ökonomischen Mehrwert und ist darüber kulturelle Bereicherung einer Wirtschaft, die auf internationalen Märkten bestehen muss.
Acht Handlungsempfehlungen der Fokusgruppe
Die Fokusgruppe hat im Sinne positiver Integration acht Handlungsempfehlungen zur Grundhaltung gegenüber internationalen Arbeitskräften formuliert. Diese wurden durch persönliche Statements von Fokusgruppenmitgliedern wie folgt untermalt:
1) Willkommensstruktur und -kultur schaffen und damit Bleibekultur initiieren!
„Hessen ist ein weltoffenes und vielfältiges Bundesland. Fachkräfte aus allen Ländern und Kulturen sind hier willkommen. Wir brauchen sie. Wir wollen diese Menschen herzlich aufnehmen, ihnen eine gute Heimat sein und sie zum Bleiben ermutigen.“
Frank Gotthardt, Merck KGaA
2) Spracherwerb ausbauen!
„Der Erwerb der deutschen Sprache ist ein entscheidendes Erfolgskriterium für nachhaltige Fachkräftesicherung in den Unternehmen. Sie ist Voraussetzung dafür, dass sich Fachkräfte bei uns wohl fühlen, Anschluss finden, Netzwerke knüpfen und rundherum ‚gut klarkommen‘.“
Dr. Boris Bromm, Initiative Gesundheitsindustrie Hessen / Fresenius Kabi Deutschland GmbH
3) Anerkennung der Qualifikation und Anpassungs- bzw. Weiterqualifizierung unterstützen!
„Die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse, bedarfsorientierte Qualifizierungen und die Wertschätzung ihrer Kompetenzen sind notwendig, damit internationale Fachkräfte ihr Potenzial entfalten und berufliche wie gesellschaftliche Teilhabe erreichen.“
Andrea Ulrich, beramí berufliche Integration e.V.
4) Gesellschaftliche Integration als Ziel setzen!
„Migration ist immer auch ein Familienprojekt. Damit internationale Fachkräfte gut ankommen und sich zuhause fühlen können, brauchen sie ihre Angehörigen sowie Austausch und soziale Kontakte. Betriebe und
ihre Mitarbeiterschaft können und sollten hier Ansprechpersonen sein.“
Alexandros Stathopoulos, Verband binationaler Familien und Partnerschaften
5) Regionale Vernetzung als Bleibe-Anker!
„Durch gemeinsames Handeln in einem regionalen Netzwerk lassen sich Ziele erreichen, die alleine nicht möglich sind. Es entsteht Vertrauen und somit ein wichtiger Faktor für die regionale Bindung von Menschen.“
Christian Bernhard, Industrie- und Handelskammer Lahn-Dill, Reginalmanagement Mittelhessen
6) Transparenz über bereits vorhandene Informations- und Beratungsangebote vergrößern!
„Um zu gewährleisten, dass internationale Fachkräfte und Arbeitgeber gut und richtig informiert sind, ist es unabdingbar, dass Beratungsstellen Informationen in einfacher Sprache und mehrsprachig anbieten und diese sowohl im In- als auch im Ausland leicht zugänglich machen. Im Zuge der Digitalisierung sollten neben traditionellen Werbemitteln wie Flyern auch digitale Möglichkeiten ausgeschöpft werden. Dies führt nicht nur zu einer besseren Transparenz und Sichtbarkeit der Beratungsstellen und ihrer bestehenden Angebote, sondern auch zu einer stärkeren Vernetzung untereinander und zum Ausbau des Netzwerks.“
Jacqueline Nyalwal, WELCOMECENTER Hessen
7) Lotsenprogramme anbieten!
„Die Integrationslots*innen in den Landkreisen bauen Brücken zwischen den Kulturen. Sie unterstützen mit ihrer kulturellen und sprachlichen Vielfalt die gesellschaftliche Integration, sei es in den Unternehmen, in
der Bildung oder im sozialen Miteinander.“
Brigitte Hißnauer, Hessischer Landkreistag
8) Glaubwürdige Arbeitgebermarke schaffen!
„Mit einer attraktiven Arbeitgebermarke kann es Unternehmen gelingen, internationale Fachkräfte zu binden und zu halten, und sich mit einer offensiven Bewerbung der eigenen Marke auch im Wettbewerb um Fachkräfte einen Vorteil zu verschaffen.“
Sebastian Kühnel, Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände e.V.