Wiesbaden. „Die Integration in Hessen hat in dieser Legislatur eine große Aufwertung erfahren, sowohl quantitativ als auch qualitativ: Die Integration von Zugewanderten und Flüchtlingen fördern wir mit einem nunmehr nahezu verdreifachten Budget. Wir führen die Integration für Menschen mit Migrationshintergrund, die schon länger hier leben, mit gleichem Engagement fort. Und schließlich: Die Antidiskriminierungsarbeit der Landesregierung ist unter meiner Verantwortung erstmals mit einer Stabsstelle landesweit institutionalisiert worden.“ Mit diesen Worten bilanzierte der Bevollmächtigte für Integration und Antidiskriminierung, Staatssekretär Jo Dreiseitel, seine rund 44monatige Amtszeit, die er aus gesundheitlichen Gründen zum Ende des Monats beenden wird. An dieser Stelle dankte er insbesondere dem Hessischen Minister für Soziales und Integration, Stefan Grüttner, sowie dem Ministerpräsidenten, Volker Bouffier, sowie den Mitgliedern des Kabinetts ausdrücklich für die vertrauensvolle und erfolgreiche Zusammenarbeit.
Integration
Die Aufgabe der Integration von Zugewanderten habe in Hessen seit vielen Jahren die Agenda bestimmt. In Hessen leben heute knapp 1,9 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund. Dies bedeutet einen Zuwachs von 12% im Vergleich zu 2014. Anteilig haben somit 30,2% aller Hessinnen und Hessen einen Migrationshintergrund – bei den Kindern unter 6 Jahren sind es sogar 50%. Im bundesweiten Vergleich liegt Hessen damit auf Platz 2 nach Bremen.
Die Integration der zugewanderten Geflüchteten seit 2015 sei eine besondere zusätzliche Herausforderung gewesen, die die Landesregierung mit Erfolg angenommen habe: „Als ich mein Amt im Januar 2014 angetreten habe, lag die Mittelausstattung des damals neuen Landesprogramms „WIR“ bei 3,1 Mio. Euro. In 2017 arbeitet das Programm mit nunmehr fast 9 Mio. Euro und wird vorbehaltlich des Haushaltsplans ab 2018 um eine weitere Million aufgestockt!“, führte Dreiseitel dazu aus. „.Der Staatssekretär erläutert weiter, das Ziel von „WIR“ sei die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft, an den zentralen Bereichen des Lebens hier in Hessen, insbesondere Bildung und Beruf. Die bewährten Förderlinien des Programms würden fortgesetzt. Darüber hinaus fördere „WIR“ weiterhin innovative Ansätze in der Integrationsarbeit, ehrenamtliche Arbeit und Sprachkurse.
Als ab 2015 immer mehr Geflüchtete nach Hessen gekommen seien, habe sich schnell herausgestellt, dass diese zusätzliche Integrationsbedarfe hätten als Menschen mit Migrationshintergrund, die schon länger hier lebten bzw. sogar hier geboren seien. Jo Dreiseitel: „Wir haben daraufhin ab 2016 zunächst das Programm „MitSprache – Deutsch4U“ mit einem Budget von 1,5 Mio. Euro eingeführt. Daraus fördern wir niedrigschwellige Sprachkurse, und zwar vorrangig für Asylbewerber, aber auch für Geduldete. Für 2017 haben wir die Mittel auf 2,7 Mio. Euro aufgestockt und fördern nun auch Kinderbetreuung während der Kurse. Das ist wichtig, damit insbesondere auch Mütter die deutsche Sprache lernen können“.
Als entscheidende Neuausrichtung des Programms „WIR“ begreift der Bevollmächtigte für Integration und Antidiskriminierung die Ausweitung auf die Integration von Flüchtlingen. „Bis 2016 hat sich die Förderung allein auf Menschen mit Migrationshintergrund gerichtet, die sich dauerhaft und rechtmäßig in Hessen aufhalten. Dies schloss zum Beispiel Asylbewerber und Geduldete aus. Seit diesem Jahr fördern wir auch Projekte, die sich an die Zielgruppe der Geflüchteten richtet. Dies schließt auch die Integrationslotsenarbeit mit ein.
„Und wir haben für die neue Zielgruppe der Geflüchteten auch neue Förderlinien eingeführt, für WIR-Fallmanager und Modellprojekte für geflüchtete Frauen. Besonders erfreulich ist, dass heute schon 30 von 33 antragsberechtigten Landkreisen, Sonderstatusstädten und kreisfreien Städten den Falllmanager beantragt haben“, so Dreiseitel. Und wir fördern erstmals Migrantenorganisationen, die eine besondere Kompetenz in der Zusammenarbeit und der Begleitung von Zugewanderten haben. „Alle Förderbereiche – gerade auch die neu aufgebauten, wurden in diesem Jahr sehr gut nachgefragt und ich bin sicher, dass damit wichtige Impulse für eine erfolgreiche Integrationspolitik gesetzt werden konnten“, so Staatssekretär Jo Dreiseitel.
Diese Arbeit habe sich in der Integrationsministerkonferenz fortgesetzt. Dazu Dreiseitel: „Insbesondere die Verbesserung der Qualitätsstandards der Integrationskurse des Bundes haben wir immer wieder in den Fokus gerückt sowie die Aufhebung der Vorrangigkeitsprüfung beim Zugang zum Arbeitsmarkt.“
Integration könne jedoch nicht allein vom Staat geleistet werden. Integration gelinge nur dann, wenn alle an einem Strang zögen und alle ihren Beitrag dazu leisteten, die Zivilgesellschaft ebenso wie jede und jeder Einzelne. Aus diesem Grund habe die Landesregierung sich dem ehrgeizigen Ziel verschrieben, gemeinsam mit allen wichtigen Gruppierungen in Hessen einen landesweiten Integrationsplan zu erarbeiten. Dieser Plan solle die vielfältigen integrationspolitischen Aktivitäten, Initiativen und Vorhaben auf die aktuellen und kommenden Herausforderungen ausrichten. Der Entwurf des Integrationsplans befinde sich derzeit in der Feinabstimmung.
Des Weiteren sei es ihm als Staatssekretär und Bevollmächtigten ein besonderes Anliegen gewesen, dass das Land seiner integrationspolitischen Vorbildfunktion gerecht werde. Die interkulturelle Öffnung der Landesverwaltung mit ihren ca. 150.000 Beschäftigten sei daher eines der wichtigsten Arbeitsfelder gewesen: „Deshalb ergreife das Land verschiedene Initiativen, um den Anteil der Beschäftigten mit Migrationshintergrund zu erhöhen, u.a. durch Befragungen und ebenso mit Schulungen in interkultureller Kompetenz für das bestehende Personal“, so Dreiseitel.
Seine besondere Aufmerksamkeit habe daneben das Integrationsmonitoring gehabt. „Hessische Integrationspolitik ist faktenbasiert. Denn: Je mehr Informationen wir über integrationspolitische Erfolge und Herausforderungen haben, desto passgenauer können wir unsere Politik gestalten.“ Als eines von wenigen Bundesländern betreibe Hessen eine eigene Integrationsforschung und ein eigenes Integrationsmonitoring, das bundesweit Anerkennung finde. Derzeit ist die vierte Fortschreibung des Hessischen Integrationsmonitors in Arbeit. Viele der Indikatoren weisen eine positive Entwicklung auf. Beispielsweise haben sich der Anteil von Schülern, die das Abitur schaffen, oder die Arbeitslosenquote von Menschen mit Migrationshintergrund in den letzten Jahren deutlich verbessert.
„Integration braucht Öffentlichkeitsarbeit – wir müssen immer wieder für Integration werben; diese Arbeit ist kein Selbstläufer“, fügte Dreiseitel hinzu. Deshalb verleihe das Land den Hessischen Integrationspreis; er ist mit 20.000 Euro dotiert. In 2015 sei mit der Ausschreibung des Preises zum Thema „Integration und Flüchtlinge“ die bisher höchste Anzahl an Bewerbungen eingegangen – 130. Der Themenschwerpunkt in diesem Jahr ist „Integration und Sprache“. Dreiseitel verwies ebenfalls auf die Einbürgerungskampagne. Unter dem Motto „Hessen und ich DAS PASST“ sollten diejenigen angesprochen werden, die die Voraussetzung für die Einbürgerung erfüllen, und dazu ermutigt werden, mit der deutschen Staatsbürgerschaft auch die gleichberechtigte gesellschaftliche und politische Teilhabe zu erreichen. „Ich wünsche mir, dass künftig mehr von diesen Menschen den Weg der Einbürgerung gehen“, so Dreiseitel. Aktuell in Vorbereitung sei die Kampagne „Löwen im Herz. Hessen integriert.“, die im vergangenen Jahr gestartet sei und nun fortgesetzt werde. Nachdem sie 2016 einen medial viel beachteten Start erzielt habe, lege sie in 2017 den Schwerpunkt auf den Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern.
Antidiskriminierung
„Den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern, fordert auch den Blick auf Benachteiligung und Diskriminierung“, betonte Dreiseitel. Das Land Hessen habe sich mit dem Beitritt zur Koalition gegen Diskriminierung 2014 dazu verpflichtet, Diskriminierung entschieden entgegenzutreten und einen verbesserten Diskriminierungsschutz auch politisch zu verankern. Unter der Führung von Dreiseitel ist im Jahr 2015 die Antidiskriminierungsstelle im Hessischen Ministerium für Soziales und Integration eingerichtet worden. „Da eine staatliche Antidiskriminierungsstelle jedoch neutral bleiben muss und auch rechtlich nicht beraten darf, war es mir ein wichtiges Anliegen, hessenweit zu gewährleisten, dass auch psychosoziale und rechtliche Beratung angeboten wird“, führte Dreiseitel weiter aus und verwies auf das ADiBe-Netzwerk, das seit 2016 gemeinsam von der „Bildungsstätte Anne Frank“ in Frankfurt und von „Rechte behinderter Menschen“ in Marburg getragen wird und im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration gemeinsam mit 16 weiteren Kooperationspartnern Antidiskriminierungsberatung anbietet.
Im Bereich der Akzeptanzförderung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans*, Inter und queeren Personen – kurz: LSBT*IQ – setzte Dreiseitel mit der Erarbeitung des Hessischen Aktionsplanes für Akzeptanz und Vielfalt einen wichtigen Akzent. „Ich freue mich sehr darüber, dass wir als Landesverwaltung in einer hervorragenden Zusammenarbeit mit der LSBT*IQ-Community diesen ersten Maßnahmenkatalog zur Akzeptanzförderung im Bereich geschlechtliche Identität und sexuelle Orientierung erarbeitet haben. Es ist das erste Mal, dass eine Hessische Landesregierung einen Aktionsplan im Bereich LSBT*IQ vorgelegt hat.“ In den Jahren 2015 und 2016 standen zusätzlich jeweils 200.000 Euro zur Verfügung, um Projekte der Akzeptanz und Vielfalt zu fördern. In 2017 konnte dieser Betrag auf 500.000 Euro erhöht und somit mehr als verdoppelt werden.
Staatssekretär Dreiseitel abschließend: „Integration und Antidiskriminierung sind Zukunftsaufgaben, mehr denn je! Ich freue mich, dass ich als Staatssekretär und Bevollmächtigter für Integration und Antidiskriminierung meinen Beitrag für ein bunteres, und vielfältigeres Hessen leisten durfte und ich bin überzeugt, dass mein Nachfolger den erfolgreich eingeschlagenen Weg weiter fortsetzen wird.“