Strukturen in den Aufnahmeeinrichtungen
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Ankommen
Nach Registrierung und Antragstellung im Ankunftszentrum werden die Asylsuchenden vom Regierungspräsidium Gießen an verschiedenen Standorten der Erstaufnahme des Landes Hessen untergebracht. Hessen verfügt über mehrere Standorte, die im Rahmen eines Standortorganisationskonzeptes anhand von aktuellen Prognosen des Zu- und Abgangsgeschehens im Hinblick auf Bedarf und Haushaltswirtschaftlichkeit permanent analysiert werden.
Betreuung
Das Zusammenleben in Gemeinschaftsunterkünften erfordert eine gute Betreuung, um bei Bedarf jederzeit die notwendigen Hilfen einzuleiten. In den Erstaufnahmestandorten werden die Bewohner*innen in erster Linie von beim Land Hessen angestellten Sozialarbeitern*innen betreut. Die Landessozialarbeiter*innen sind wichtige Ansprechpartner*innen für die Geflüchteten, unter anderem unterstützen sie die Umsetzung der Maßnahmen des Schutzkonzepts der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Hessen. Darüber hinaus wird die Sozialbetreuung von beauftragten Dienstleistern gewährleistet.
Medizinische Versorgung
Alle neuankommenden Asylsuchenden in Hessen werden in der Medizinischen Untersuchungs- und Versorgungspassage (MUVP) medizinisch erstuntersucht und versorgt (unter anderem auf Anzeichen von Infektionserkrankungen und andere akut behandlungsbedürftige Erkrankungen). Ebenfalls findet in der MUVP eine Untersuchung zum Ausschluss einer (Lungen)Tuberkulose statt.
Darüber hinaus werden Asylsuchende anhand von Beratungsgesprächen, im Beisein von Sprachmittlern*innen sowie Ärzten*innen, über die vom Robert Koch-Institut (STIKO) empfohlenen Impfungen aufgeklärt. Während seit März 2020 ein Nachweis der Immunität gegen Masern-Viren (z.B. durch durchgeführte und dokumentierte Impfung oder Nachweises von Antikörpern im Blut) für Asylsuchende, die in einer Gemeinschaftseinrichtung leben, verpflichtend ist, existiert keine weitere Impfpflicht. Wer nach den Beratungsgesprächen weitere Impfungen wünscht, wird geimpft.
Im Rahmen der Erstuntersuchung identifiziert in der Regel das medizinische Personal besonders schutzbedürftige Personen und stellt in Zusammenarbeit mit den entsprechenden Dezernaten im RP Gießen eine bedarfsgerechte Unterstützung sicher und trifft Festlegungen zur Unterbringung für Schutzbedürftige, sodass den individuellen Bedürfnissen Rechnung getragen wird und eine adäquate Unterbringung gewährleistet ist. Darüber hinaus kann die Vulnerabilität jederzeit während der Unterbringung in der Erstaufnahmeeinrichtung festgestellt und entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden.
Zur medizinischen Versorgung steht an jedem Standort der Erstaufnahme eine medizinische Ambulanz zur Verfügung. Hier wird die ambulante Versorgung durch regelmäßige ärztliche Sprechstunden gewährleistet. Ein rund um die Uhr präsenter Sanitätsdienst vervollständigt das Angebot. Bei Bedarf stehen unterstützend Sprachmittler*innen zur Verfügung. Eine enge Zusammenarbeit mit regionalen Versorgungsstrukturen ermöglicht im Bedarfsfall eine zügige Weiterleitung an Fachärzte und -kliniken.
Nach Feststellung einer Schwangerschaft wird eine erste vollumfängliche frauenärztliche Untersuchung der Schwangeren angeboten. Die „Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung“ (Mutterschaftsrichtlinien) definieren auch bei Asylsuchenden den weiteren Behandlungsumfang.
Betreuung von traumatisierten Geflüchteten
Psychosoziale Zentren für Geflüchtete in Hessen (PSZ)
Die Hessische Landesregierung fördert seit Ende 2017 vier Psychosoziale Zentren (PSZ), die mit niedrigschwelligen Beratungs- und Betreuungsangeboten traumatisierte und psychisch belastete Geflüchtete sowie Opfer von Folter und Gewalt unterstützen. Die Zentren nehmen seither eine zentrale Koordinierungs- und Betreuungsaufgabe sowie die Funktion einer ersten Anlaufstelle im Bereich der psychosozialen Versorgung wahr.
Auf Grundlage umfangreicher Erfahrungen, die im Rahmen des Förderprojekts gemacht wurden, sowie der wissenschaftlichen Evaluation des Sigmund-Freud-Instituts (SFI) wurde die Förderrichtlinie zur „Weiterentwicklung der psychosozialen Versorgung für Geflüchtete in Hessen“ konzipiert und am 4. Oktober 2021 im Staatsanzeiger Nr. 40 des Landes Hessen veröffentlicht.
Neben der bisherigen Förderung der Psychosozialen Zentren zur Beratung und Betreuung von traumatisierten und psychisch belasteten Geflüchteten in Hessen wurden zusätzliche Fördermöglichkeiten geschaffen: Um die psychosoziale Betreuung in der Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) zu stärken, ist nunmehr eine zusätzliche Förderung in Form eines pauschalisierten Ergänzungsbetrags pro betreuter EAE möglich. Des Weiteren können nun auch gezielte (modellhafte) Einzelmaßnahmen in Regionen mit besonderen Bedarfen bezuschusst werden. Nähere Informationen zu den Fördermodalitäten können der Förderrichtlinie sowie den dazugehörigen Anlagen 1 bis 5 im Downloadbereich entnommen werden.
„Step-by-Step“
Um traumatisierten Asylsuchenden frühe Hilfe anzubieten und passgenaue Therapien zu ermöglichen, wurde das Pilotprojekt „Step-by-Step“ in der Erstaufnahmeeinrichtung Darmstadt gemeinsam mit dem Sigmund-Freud-Institut und der Goethe Universität Frankfurt durchgeführt. Der Abschlussbericht steht bei Interesse zum Download bereit.
Schutzkonzept
Der Schutz und die Schaffung einer schützenden und sicheren Atmosphäre haben in der Arbeit in der Erstaufnahmeeinrichtung hohe Priorität. Daher hat das Regierungspräsidium Gießen das „Schutzkonzept der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Hessen“ erstellt. Der im Schutzkonzept festgelegte Verhaltenskodex sowie die darin enthaltenen Maßnahmen sind für alle Bewohner*innen der Erstaufnahme sowie haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter*innen verbindliche Standards. Das Schutzkonzept findet im gesamten Bereich der Erstaufnahme Anwendung.
Sprache
Das Land Hessen hat mit der Umsetzung des Konzeptes zur landeseinheitlichen Vermittlung von Sprache und Werten die Sprachförderung und Wertevermittlung im Rahmen des Erstaufnahmeverfahrens wesentlich gestärkt. Alle Bewohner*innen ab 17 Jahren haben die Möglichkeit, Grundkenntnisse der deutschen Sprache barrierefrei in der Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) zu erwerben.
Darüber hinaus werden in den vom Land durchgeführten Sprach- und Wertekursen allgemeine Werte, wie z. B. Gleichberechtigung von Mann und Frau, Menschenwürde, Religionsfreiheit vermittelt.
Beschulungsangebot von Kindern und Jugendlichen
Das HMSI bietet in Kooperation mit dem Hessischen Kultusministerium (HKM) und Regierungspräsidium Gießen ein freiwilliges Beschulungsangebot für Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 16 Jahren in der Erstaufnahmeeinrichtung Gießen an.
Das Beschulungsangebot wurde im Frühjahr 2020 auf Kinder und Jugendliche der EAE-Standorte Büdingen, Kassel-Niederzwehren sowie Neustadt ausgeweitet und wird nunmehr in insgesamt 6 Intensivklassen (2 pro Standort) an nahe gelegenen Regelschulen durchgeführt.
Förderung von Service- und Koordinierungsstellen
Das Land Hessen fördert seit 2020 Service- und Koordinierungsstellen bei Kommunen, in denen sich eine Erstaufnahmeeinrichtung des Landes befindet, mit bis zu 30.000 Euro. Ziel ist es, die Ehrenamtsarbeit am jeweiligen EAE-Standort durch Service- und Koordinierungsstellen bestmöglich zu koordinieren und weiterzuentwickeln sowie Familien mit Kindern und Jugendlichen in der Erstaufnahmeeinrichtung bei schulischen Belangen und beim Übergang in die Kommunen zu unterstützten. Nähere Informationen können aus dem Förderaufruf entnommen werden.
Leistungen
Asylsuchende erhalten während des Erstaufnahmeverfahrens Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Die Leistungsgewährung erfolgt in der Aufnahmeeinrichtung überwiegend durch Sachleistungen. Für den persönlichen Bedarf erhalten Asylsuchende in der Erstaufnahme ein Taschengeld als Barleistung.