Wiesbaden. Die Landesregierung hat den Hessischen Integrationspreis ins Leben gerufen, um die Herausforderungen und Erfolge der Integration in Hessen sichtbarer zu machen und zu stärken. Der Hessische Minister für Soziales und Integration, Stefan Grüttner, sowie der Bevollmächtigte für Integration und Antidiskriminierung, Staatssekretär Kai Klose, gaben heute in Wiesbaden die vier Preisträger des Hessischen Integrationspreises 2017 bekannt. „Gute Deutschkenntnisse sind Grundvoraussetzung für persönliche und berufliche Integration. Das Erlernen der deutschen Sprache für Zugewanderte ist wichtig für die alltägliche Begegnung und Kommunikation und zentraler Schlüssel für den Zugang zu Bildung, Beschäftigung und Einkommen. Je früher der Erwerb zu Kenntnissen der deutschen Sprache beginnt, umso besser“, erklärte Grüttner.
„Hessen zeichnet sich auch aufgrund der Zuwanderung der vergangenen Jahrzehnte durch eine zunehmende soziale und kulturelle Vielfalt aus. Der Austausch durch Sprache fördert das friedliche Miteinander, hilft Ängste und Vorurteile abzubauen und wirkt Diskriminierung entgegen", betonte Klose. Der mit 20.000 Euro dotierte Preis stand deshalb in diesem Jahr unter dem Motto „Integration und Sprache“. Gleichzeitig dankten der Minister und Staatssekretär den Mitgliedern der Jury, die unter großem persönlichem Einsatz die zahlreichen Bewerbungen begutachtet und letztlich zu einem gemeinsamen Urteil gekommen seien. Nach intensiven Beratungen hat die Jury beschlossen, den Hessischen Integrationspreis 2017 an vier Projekte zu vergeben:
- Mit 8.000 € Preisgeld wird das Projekt „Sprache als Brücke zur Integration“ der Wirtschaftsschule am Oswaldsgarten aus Gießen prämiert.
In diesem Projekt, das bereits seit 2007 besteht, unterstützen angehende Abiturientinnen und Abiturienten jugendliche Geflüchtete und Zugewanderte in Nachmittagskursen beim Erlernen der deutschen Sprache. Außerdem erstellen die Schülerinnen und Schüler der Abiturjahrgänge Unterrichtsmaterialien, die auf die individuellen Bedürfnisse der Lernenden zugeschnitten sind und bieten Hausaufgabenhilfe an. Unterrichtsbegleitend werden Erkundungstouren in die Umgebung organisiert. Die Jugendlichen lernen ihre neue Umgebung kennen und erhalten die Möglichkeit, Kontakte zu vertiefen und die erworbenen Sprachkenntnisse anzuwenden. Seit dem Jahr 2009 gibt es als ergänzendes Modul auch ein Musikprojekt, um den Spracherwerb durch dieses Medium zu fördern. Inzwischen haben an dem Projekt rund 320 Schülerinnen und Schüler und 750 junge Zugewanderte aus 25 Nationen teilgenommen.
Mit der „Sprache als Brücke zur Integration“ zeichnet die Jury eine herausragende und nachhaltige Initiative aus, die bereits seit vielen Jahren besteht. Junge Menschen engagieren sich ehrenamtlich, um jungen Geflüchteten und Zugewanderten, die unterschiedlichste Voraussetzungen mitbringen, die Integration in die Gesellschaft zu erleichtern. Die Entwicklung von Lernmaterialien und -konzepten sowie der persönliche Umgang fördern die Entwicklung interkultureller und sozialer Kompetenzen auf beiden Seiten. Junge Menschen schaffen eine Perspektive und bereichern sich gegenseitig.
- Mit 6.000 € Preisgeld wird das Projekt „Sprache-Arbeit-Zukunft“ des Trägers „Duale Integration e. V.“ aus Fulda prämiert.
Seit November 2016 widmet sich dieser Verein der Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt. Es handelt sich um ein regionales Konzept, das auf andere Regionen Hessens ausgeweitet werden soll.
In den Gemeinschaftsunterkünften werden abends Sprachkurse angeboten. Außerdem arbeitet der Verein mit zahlreichen Firmen und der Stadt Schlitz zusammen, um die Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Die Flüchtlinge werden dabei individuell begleitet und unterstützt. Dieses Angebot wurde bisher von 110 Personen genutzt. Vermittelt werden sowohl Praktika als auch Ausbildungsplätze und Arbeitsverträge.
Die Jury hat sich aus verschiedenen Gründen für dieses Projekt entschieden. Das Erlernen der deutschen Sprache ist eng mit der Ansiedlung von Flüchtlingen im ländlichen Raum sowie ihrer Integration in den Arbeitsmarkt verknüpft. Die Geflüchteten erleben von Anfang an vielfältige Unterstützung, um in der Region Fuß zu fassen bzw. ihren Platz in der Gesellschaft zu finden. Damit zeichnet die Jury eine vorbildliche Initiative aus, die auf einem umfassenden Konzept, einer guten Vernetzung sowie auf hohem ehrenamtlichem Engagement beruht.
- Mit je 3.000 € Preisgeld werden für den dritten Platz zwei Projekte prämiert: Biebergemünder Flüchtlinge sprechen Deutsch (BFsD)!, Gruppe BFsD – Manal Burhan, Hosseinali Javidani, Irmgard Becker aus Biebergemünd, Südhessen
Aus verschiedenen Hilfsangeboten für Flüchtlinge entwickelte sich ein individuelles Sprachkursangebot, das derzeit von ca. 100 Flüchtlingen genutzt wird. Diese Initiative wird von Menschen unterschiedlicher Herkunft getragen. Frau Manal Burhan ist syrische Staatsangehörige und kam selbst im Jahr 2015 nach Deutschland. Herr Hosseinali Javidani stammt aus dem Iran und unterstützt diese Initiative seit 2014. Aus diesen Erfahrungen entwickelte sich ein individuelles Hilfskonzept, zu dem u. a. speziell entwickeltes Unterrichtsmaterial in persischer und arabischer Sprache gehört, das den Teilnehmerinnen und Teilnehmern gegen einen geringen Unkostenbeitrag zur Verfügung gestellt wird.
Mit diesem Projekt zeichnet die Jury eine in mehrfacher Hinsicht besondere Initiative aus. Menschen unterschiedlicher Herkunft und teilweise mit Flüchtlingshintergrund sowie Einheimische schlossen sich zunächst zusammen, um Flüchtlinge bei der Bewältigung ihres Alltags und den daraus resultierenden Fragen und Herausforderungen zu unterstützen. Schnell zeichnete sich ab, wie wichtig ergänzend dazu niedrigschwellige Sprachkursangebote sind. Daraus entwickelte sich die Notwendigkeit, dieses Angebot zu vertiefen und ein grammatikalisches Begleitkonzept anzubieten. Die Jury würdigt dieses innovative Projekt, das mit einem hohem Engagement sowie der gelebten interkulturellen Zusammenarbeit von ehrenamtlich Tätigen verbunden ist.
Kleine Gemeinde kommuniziert – engagierte Dorfgemeinschaft integriert, Runder Tisch Asyl Ehrenberg (Rhön) – Ehrenberg (Rhön), Osthessen
Die Gemeinde Ehrenberg (Rhön) hat derzeit 2.600 Einwohner. Anfang 2015 wurde eine Initiative ins Leben gerufen, um die in dieser Region lebenden Asylsuchenden zu unterstützen und zu integrieren. Derzeit erhalten 180 Asylsuchende vielfältige Angebote (z. B. neue Kindergartengruppe, Spieleabende, Sprachpatenschaften, Besuch von landwirtschaftlichen Betrieben und touristisch interessanten Orten), um sich sprachlich zu integrieren und Einblicke in das Leben in Deutschland zu erhalten. Engagierte Bürgerinnen und Bürger mit unterschiedlichem beruflichem Hintergrund (z. B. Landschaftsgärtner) vermitteln ihr Wissen.
Mit der Auszeichnung dieser Initiative möchte die Jury das beispielhafte Engagement in einer kleinen Gemeinde in Hessen honorieren. Diese Gemeinde hat ein hohes bürgerschaftliches Engagement hinsichtlich der Integration der in dieser Region lebenden Asylsuchenden gezeigt. Der Spracherwerb ist in den Alltag dieser Kommune eingebettet. Dadurch wird Sprache lebendig und anschaulich vermittelt und die Integration der Geflüchteten gefördert.
Die Preisverleihung findet am 16. November 2017 von 11:00-13:00 Uhr im Schloss Biebrich in Wiesbaden statt. Zur Jury des Hessischen Integrationspreises 2017 gehörten:
- Jo Dreiseitel, Staatssekretär a.D.
- Horst Cronauer, Axel Springer AG Bild Frankfurt
- Werner D’Inka, Frankfurter Allgemeine Zeitung
- Joachim Frank, DuMont Mediengruppe
- Ahmet Külahci, Dogan Media International GmbH
- Manfred Krupp, Hessischer Rundfunk